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Familienunternehmen im Spannungsfeld zwischen Ost und West

Vortrag an der Privaten Berufsakademie von Unternehmer Erhard Büchel 

Fulda. Unter dem Titel „Familienunternehmen im Spannungsfeld zwischen Ost und West“ hatte die Private Berufsakademie den Unternehmer Erhard Büchel zu einem Vortrag in das Bildungsunternehmen Dr. Jordan geladen. Hintergrund des Vortrags bildet das diesjährige 100-jährige Jubiläum des mittelständischen Familienunternehmens, das im Schwerpunkt Fahrradteile produziert. Begrüßt wurde der Geschäftsinhaber vom Direktor des Bildungsunternehmens Peter Vater und dem Wissenschaftlichen Leiter der Privaten Berufsakademie, Prof. Dr. Bernd Meyer. Einen aktuellen Abriss zum Unternehmen stellte Peter Vater vor: Das Unternehmen Büchel GmbH & Co Fahrzeugteilefabrik KG beschäftigt insgesamt 300 Mitarbeiter an sechs Standorten in Deutschland, in Fulda ist der Firmensitz mit Verwaltung und Vertrieb ansässig. 700 Mitarbeiter sind darüber hinaus weltweit tätig, unter anderem in China und Indien. Das Unternehmen erwirtschaftete in 2019 in Deutschland einen Umsatz von 70 Mio. und weltweit 100 Mio. Euro. 

In seinem Vortrag stellte Büchel die wechselvolle Geschichte des Unternehmens dar, das vor 100 Jahren mit der Produktion von Stimmgabeln in Zella-Mehlis begonnen hatte.  Bereits drei Jahre nach Etablierung begann Firmengründer Hugo Büchel mit der Herstellung von Fahrradteilen. Eine erste Erfolgsgeschichte nahm seinen Lauf, denn bis zum Jahr 1938 waren bereits 129 Mitarbeiter im Einsatz. Auch im Zweiten Weltkrieg lief die Produktion weiter, teilweise wurde auch die Flugzeugindustrie beliefert. Besonders interessiert waren die Studierenden der Studiengänge Mittelstandsmanagement sowie Smart Production und Digital Management und ebenso die Schüler des Wirtschaftsgymnasiums an der Entwicklung in den Folgejahren. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges erfolgte die Enteignung des Betriebes durch die sowjetische Militäradministration, die den kompletten Maschinenpark sukzessive demontierte. „Das bedeutete das Aus.“ Einen Neustart wagte Hugo Büchel gemeinsam mit seinem Bruder Karl in Fulda, hier findet die Erfolgsgeschichte ihre Fortsetzung, denn für die Produktion von Fahrradteilen waren einige Jahre später, 1964, bereits 180 Mitarbeiter im Einsatz. Nach eigenen Worten „ins kalte Wasser geworfen“ wurde Erhard Büchel als 23-Jähriger durch den Tod des Vaters. Noch während des Studiums führte er das Unternehmen weiter.  Auf die erstaunte Frage der Studierenden, ob der Unternehmer denn noch seinen Studienabschluss geschafft habe, folgte als Antwort: „Selbstverständlich, es musste gehen und es ging.“ In den nächsten Jahren wurden die ersten Schritte ins Ausland gewagt: So war Büchel der erste deutsche Mittelständler, der ein Joint Venture in China etablierte. 

Später, beinahe noch am Tag des Mauerfalls, stand der Entschluss des Unternehmers fest, zurück zu den Wurzeln der Familie, nach Zella-Mehlis, zu gehen. Ein Teil der ehemaligen Firma wurde daraufhin reprivatisiert, einen weiteren Teil kaufte Büchel von der Stadt zurück. Geschäften mit der damaligen DDR hatte sich Büchel immer aufgeschlossen gezeigt, den Kontakt zu den Verwandten im Osten – soweit möglich – aufrechterhalten. Eine herbe Enttäuschung erlebte Erhard Büchel nach eigenem Bekunden beim späteren Blick in seine Stasi-Akten: Offenkundig wurde dabei, dass er kontinuierlich und über Jahre hinweg von einer engen Verwandten bespitzelt worden war. Keine Frage, dass diese unschönen Seiten des Kalten Kriegs der Vergangenheit angehören. Heute ist in Zella-Mehlis die Produktionsstätte für Beleuchtungen, Kunststoffradschützer, Pedale und Ziermuttern angesiedelt. Die Wittkop Sattel GmbH, einzige deutsche Sattelfabrik, hat hier ihren Standort für die Produktion der Wittkop-Klassik-Linie.

BU: 

Spannende Einblicke in die Geschichte des Familienunternehmens lieferte Erhard Büchel (Mitte) anlässlich seines Vortrags, hier mit Direktor Peter Vater (re.) und dem Wissenschaftlichen Leiter der Privaten Berufsakademie, Prof. Dr. Bernd Meyer. 

Foto: pr ick/ ruf 

Sabine ick

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